Gesundheit & Wohlbefinden

Die Hormonumstellung im Wochenbett

mit MAM Experte Dr.  Alexandre Saosaka


Erfahre mehr über das Wochenbett, was dich in der Zeit nach der Geburt erwartet und über die Symptome der Wochenbettdepression.

Mit Wochenbett ist die Zeit postpartum, also die Zeit nach der Entbindung, gemeint, in der sich der Körper wieder auf den Zustand von vor der Schwangerschaft einstellt. Das Wochenbett wird auch als Kindbett oder als „viertes Trimester“ bezeichnet. In der Wochenbettzeit finden aber nicht nur körperliche, sondern auch hormonelle Veränderungen statt. Diese Veränderungen können sich auf das emotionale Befinden der Mutter auswirken und fühlen sich manchmal an wie eine Achterbahnfahrt. Gemeinsam mit MAM Experte Dr. Alexandre Saosaka haben wir die hormonellen Veränderungen zusammengefasst, um zu verstehen, welche Auswirkungen die Wochenbettphase auf das emotionale Befinden hat und welche Symptome bei einer Wochenbettdepression auftreten können. 


Wie lange dauert das Wochenbett?

Die Wochenbettzeit beginnt mit der Geburt des Babys. Es gibt keine genaue Definition, wie lange das Wochenbett anhält, aber man geht in der Regel von einem sechs- bis achtwöchigen Zeitraum postpartum aus. Denn dann  wird allmählich wieder der Zustand von vor der Schwangerschaft hergestellt. Dieser Rückbildungsprozess erfolgt nach der Entbindung jedoch recht langsam in kleinen Schritten.  


Welche Veränderungen des Hormonspiegels finden direkt nach der Entbindung statt?

Nach der Geburt des Babys finden viele hormonelle Veränderungen statt. Einige von ihnen können einen größeren Einfluss auf deinen mentalen Zustand haben als andere. Unmittelbar nach der Geburt kommt es jedoch  zu folgenden hormonellen Umstellungen:

  • Das humane Choriongonadotropin (hCG) ist das während der Schwangerschaft am stärksten ausgeschüttete Hormon. Der hCG-Spiegel geht direkt nach der Geburt deutlich zurück. Zwei bis vier Wochen postpartum haben die hCG-Werte meist wieder den Stand von vor der Schwangerschaft erreicht.
  • Die Progesteron- und Östrogenwerte gehen gleich nach der Geburt zurück. Während der Schwangerschaft produziert unser Körper die Hormone Östrogen und Progesteron in großen Mengen; sie sind entscheidend an der Bildung der „Glückshormone“ Dopamin und Serotonin beteiligt. Werden diese Hormone nun plötzlich nicht mehr so stark ausgeschüttet, hat dies natürlich Einfluss auf die persönliche Stimmung.
  • Durch die Ausschüttung von Oxytocin werden Kontraktionen während der Entbindung gefördert. Zudem spielt das Hormon eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Bindung zwischen dem Neugeborenen und der Mutter. Postpartum nehmen die Oxytocinwerte jedoch wieder ab. Dies kann das emotionale Befinden beeinträchtigen und in den ersten Tagen nach der Entbindung zum sogenannten „Babyblues“ führen.
  • Zur Unterstützung der Muttermilchbildung wird vermehrt Prolaktin ausgeschüttet. Die Prolaktinproduktion kann auch Auswirkungen auf den Dopaminspiegel haben, was wiederum dazu führen kann, dass man sich schlapp und schlecht gelaunt fühlt. 

Was passiert in den ersten Wochen nach der Entbindung mit dem Hormonspiegel?  

In den ersten Wochen und Monaten ändert sich dein Hormonspiegel weiterhin parallel zur Entwicklung des Babys. Etwa drei Monate postpartum erreichen der Östrogen- und der Progesteronspiegel wieder das Niveau von vor der Schwangerschaft. Bei stillenden Müttern werden auch weiterhin erhöhte Mengen an Prolaktin und Oxytocin ausgeschüttet.

Die hormonelle Umstellung wirkt sich nicht nur auf deine Stimmung aus, sondern macht sich auch körperlich bemerkbar. Der sinkende Östrogenspiegel etwa beeinflusst das Abscheiden von Haarfollikeln, das zum Haarausfall im Wochenbett führen kann, auch bekannt als „postpartaler Effluvium“. Aber keine Sorge, das gibt sich nach einer Weile von selbst wieder und das normale Haarwachstum ist innerhalb von 6 bis 15 Monaten postpartum wiederhergestellt.

Darüber hinaus kann es durch den Schlafmangel, der die Melatoninproduktion beeinträchtigt, zu „Wochenbett-Schlafstörungen“ kommen. Melatonin ist ein Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus unterstützt.

Sobald du anfängst, dein Baby an feste Nahrung zu gewöhnen, muss weniger Muttermilch produziert werden, woraufhin auch weniger von dem Hormon Prolaktin produziert wird. Dadurch stellt sich allmählich wieder dein natürlicher Zyklus ein. Wann genau dies der Fall ist, variiert jedoch stark von Frau zu Frau.


Wo ist der Unterschied zwischen „normalen“ Hormonschwankungen und einer Wochenbettdepression?

Du siehst, nach der Geburt kommt es zu einer ganzen Reihe hormoneller Veränderungen, die sich auf deine Stimmung und deine Energie auswirken. Viele Wochenbett-Symptome stellen sich im Laufe der ersten Wochen wieder von allein ein. In manchen Fällen kommt es jedoch zu einer schwereren Symptomatik: einer Wochenbettdepression. 
Manchmal kann eine Wochenbettdepression mit dem „Babyblues“ verwechselt werden, aber die Symptome sind intensiver und halten länger an.
Die Symptome des Baby Blues halten im Allgemeinen einige Tage bis ein oder zwei Wochen nach der Geburt an, während die Anzeichen einer Wochenbettdepression die folgenden umfassen und weiterhin anhalten:

Was tun bei Symptomen einer Wochenbettdepression?

Wenn du das Gefühl hast, dir wird das alles zu viel und diese Gefühle verstärken sich mit der Zeit, sprich mit deiner Hebamme oder deiner Ärztin/deinem Arzt darüber. Es sollte unbedingt eine frühzeitige Diagnose mit weiterführender Betreuung und Aufsicht durch ein erfahrenes Fachpersonal erfolgen, um je nach Ausmaß der psychischen Veränderungen einen bestmöglichen Behandlungsansatz sicherzustellen. 

In schwierigen Phasen um Rat zu fragen und Sorgen anzusprechen, ist völlig in Ordnung. Denn nur wenn du auf dich selbst Acht gibst, kannst du auch für dein Baby da sein.

MAM-Experte

DR. ALEXANDRE SASAOKA

CLÍNICA GESTA ITAIM

Studienabschluss an der Medizinischen Universität Santo Amaro, medizinisches Praktikum Gynäkologie und Geburtshilfe im Santa Casa de São Paulo, Brasilien, weitere Spezialisierung im Bereich der Fetalmedizin im Santa Casa de São Paulo, Mitglied der International Society of Ultrasonography in Obstetrics and Gynecology, Masterstudium im Bereich Fetalmedizin an der Universidade Federal de São Paulo und Beschäftigung im Hospital Israelita Albert Einstein.

Quellen:

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ACOG Committee Opinion No. 736: Optimizing Postpartum Care.Obstet Gynecol. 2018;131(5):e140.

Dennis CL, Fung K, Grigoriadis S, Robinson GE, Romans S, Ross L Traditional postpartum practices and rituals: a qualitative systematic review.Womens Health (Lond). 2007;3(4):487.